“Ich sprach zu Gott, mit dem ich mich jedes Mal mehr vertraut und dem ich mich jedesmal näher fühlte. Ich empfand, dass alles, was mich umgab, Gott war.”
– in Alvaro Estrada, “Maria Sabina – Botin der heiligen Pilze”.

María Sabina, Curandera

María Sabina aus dem Dorf Huautla de Jímenez in Oaxaca war wohl die bekannteste mexikanische Curandera und Schamanin. Es ist nicht bekannt, von wem sie ihr Wissen über die Heilkräfte bestimmter Pflanzen, Kräuter und Pilze vermittelt bekam welches sie zur Schamanin der Mazatec Indianer machte. Gesichert ist jedoch, dass der teo-nanacatl Pilz schon vor  ca. 2000 Jahren bei den Azteken bekannt war. Auch die Maya verwendeten Pilze zur Herstellung von Rauschmitteln für ihre religiösen Zeremonien und Riten. Bei den Huichol haben Pilze besonderen Status, man betrachtet sie als die ersten aller Früchte.

„Eines Tages erkrankte mein Onkel, so stark, daß er nicht mehr aufstehen konnte. Ich war ein Kind von fünf, sechs oder sieben Jahren. (…) Großmutter Estefania war sehr in Sorge und ging hinaus, um einen Weisen zu suchen. (…) Ich sah wie der Weise Juan Manuel, die Bananenblätter auseinanderrollte. Er nahm eine Menge Pilze heraus, frisch und groß. Ich hatte die Pilze schon gesehen, im Wald, oben auf dem Berg, wo ich die Hühner und Ziegen hütete. Dort gab es viele Pilze. Zum ersten Mal war ich Zeuge einervelada (Zeremonie mit den Pilzen), bei der die ninos santos genommen wurden. Ich sah, wie er die Pilze aufteilte und paarweise zählte, und wie er jedem Anwesenden, auch dem Kranken, davon gab. Etwas später, als es völlig dunkel war, sprach er. Er sprach und sprach. Seine Stimme klang sehr schön. Sie gefiel mir. Manchmal sang der Weise. Er sang und sang. Ich verstand seine Worte nicht genau, aber sie gefielen mir. Seine Sprache war ganz anders als die, die wir tagsüber sprechen. Es war eine Sprache, die mich in ihren Bann zog, ohne daß ich sie verstand. (…) Oh ja eines verstand ich. Es waren die Pilze, die den alten Juan Manuel dazu gebracht hatten, zu singen.(…)
Seit die velada, bei der Weise den Onkel geheilt hatte, waren einige Tage vergangen. Maria Ana ( Schwester ) und ich paßten oben bei den Bäumen auf unsere Hühner auf. Wir saßen unter einem Baum, und plötzlich sah ich ganz nah bei mir, in Reichweite meiner Hand, einige Pilze stehen. Es waren dieselben Pilz, die der Weise gegessen hatte. Ich erkennte sie genau. Meine Hände gruben ganz behutsam einen Pilz aus und noch einen. Ich nahm sie nah zu mir heran und betrachtete sie. „Wenn ich dich esse und dich und auch dich, ich weiß, dann werdet ihr mich schön singen lassen“, sagte ich zu ihnen.

Ich erinnerte mich, daß die Großeltern mit tiefer Ehrfurcht von diesen Pilzen sprachen. Deshalb wußte ich, daß sie nicht böse waren. Ich dachte nicht mehr darüber nach. Ich führte die Pilze zum Mund und kaute sie, Maria Ana, sah mir zu und tat das gleiche (…) Ein wenig später fühlten wir uns ganz wohl. Das war eine neue Kraft für unser Leben. So empfand ich es. (…) Wir hatten nicht nur einen gefüllten Magen, sondern auch einen zufriedenen Geist. Die Pilze bewirkten in uns, daß wir Gott beteten. (…) Ich spürte, daß sie zu mir sprachen. Nachdem ich sie gegessen hatte, hörte ich Stimmen. Stimmen, die von einer anderen Welt kamen. Es war wie die Stimme eines Vaters, der Ratschläge erteilt. (…) Ich empfand, daß alles, was mich umgab, Gott war. In der folgenden Regenzeit, als die Pilze wider zurückgekommen waren, aßen wir sie weiter. Einige Zeit später erfuhr ich, daß sie wie Gott waren; daß sie einem Weisheit verliehen; daß sie Krankheiten heilten; und daß unser Volk sie vor vielen Jahren zu sich genommen hatte; daß sie Macht besaßen; daß sie das Blut Christi waren.(…) Sie waren wie meine Eltern, sie waren mein Blut.“

Jahrelang kamen die Kranken zu Ihr, sie verabreichte ihre selbst hergestellte Medizin, sie besang und  beschwor die guten Geister die bösen auszutreiben. Sowohl der Kranke als auch die Schamanin bestimmte Pilze in einem Ritual  zu sich nehmen, soll sie viele Kranke geheilt haben. María Sabina nannte die teo-nanacatl auch „heilige Kinder“. Die Pilz-Zeremonie ist eine Séance, die sich über die ganze Nacht hinzieht.
„Es gibt eine Welt jenseits der unsrigen, eine Welt,  die weit weg ist, doch nah, und unsichtbar. Und das ist, wo Gott lebt, wo die Toten leben, die Geister und die Heiligen, eine Welt in der alles bereits passiert ist und alles bekannt ist. Diese Welt spricht. Sie hat ihre eigene Sprache. Ich gebe nur wieder, was sie sagt. Der heilige Pilz nimmt mich an der Hand und bringt mich in die Welt wo alles Wissen ist. Es sind sie, die heiligen Pilze, die so sprechen, dass ich es verstehen kann. Ich frage sie und sie antworten mir. Wenn ich von der Reise die ich mit ihnen gemacht habe, zurückkomme, erzähle ich was sie mir sagten und was sie mir zeigten.“

”Je tiefer man in die Welt des Teonanacatl eindringt, desto mehr Dinge sieht man. Und man sieht Vergangenheit und Zukunft, die dann vereinigt sind, schon fertig, schon geschehen... Ich sah gestohlene Pferde und verschüttete Städte, deren Existenz unbekannt war und die nun ausgegraben werden. Millionen Dinge sah und wußte ich. Ich kannte und sah Gott: eine riesige Uhr, die tickt, mit sich langsam drehenden Sphären, und darin die Sterne, die Erde, das ganze Universum, Tag und Nacht, Weinen und Lachen, Glück und Schmerz. Wer das Geheimnis des Teonanacatl ganz durchschaut, kann sogar das unendliche Uhrwerk sehen.”

So beschreibt die Heilerin Maria Sabina ihre Verbindung mit den heiligen Pilzen.

Die Mexikanischen Zauberpilze

Nur wenigen Götterpflanzen wurde größere Verehrung entgegengebracht als den heiligen Pilzen in Mexiko. Die Azteken nannten sie Teonanacatl, was ”Göttliches Fleisch” bedeutet. Wie die anderen Zauberpflanzen wurden auch die Pilze von den spanischen Eroberern und den mit ihnen einfallenden katholischen Missionaren als Teufelswerk gebrandmarkt. Man versuchte, den Pilzkult auszurotten, doch die Indios hüteten das Geheimnis des Teonanacatl viele Jahrhunderte im Verborgenen. Daß die Psilocybinpilze und ihr ritueller Gebrauch heute recht gut bekannt sind, ist vor allem dem Forschergeist des Ehepaars R. Gordon und V. P. Wasson zu verdanken. Die beiden Mykologen (Pilzforscher) waren schon lange fasziniert von der unterschiedlichen Sichtweise auf Pilze in verschiedenen Kulturkreisen.

Sie unterschieden die Menschen in Mykophile, die Pilze lieben, und Mykophobe, die Pilze fürchten. Mittlerweile sind etwa achtzig bis neunzig psychoaktive Pilzarten bekannt, die sich über den gesamten Erdball verbreiten.

Wirkung

Die physische Toxizität von Psilocybin ist extrem gering - die tödliche Dosis liegt etwa 600 mal höher als die normalerweise konsumierte Dosis und würde der Menge von 40 kg Frischpilzen entsprechen. Auch bei langjährigem Gebrauch von Psilocybinpilzen treten keine physischen Schädigungen auf.

Die Effekte einer vollen Pilzdosis schließen visuelle und akustische Wahrnehmung, extreme Euphorie, Verzerrung der zeitlichen und räumlichen Wahrnehmung und Zustände von ruhiger Klarheit ein. Die mit geschlossenen Augen wahrgenommenen Bilder sind farbig, scharfkantig und überaus deutlich. Sie können von abstrakten geometrischen Formen bis zu Visionen phantastischer Landschaften und architektonischer Perspektiven reichen. Die nach außen gerichtete Wahrnehmung ist von einer seltenen Klarheit. In der Natur wird oft eine intensive Verbindung mit Pflanzen und Tieren erlebt.

Es ist zu beachten, dass bei den meisten Westeuropäern die Ego-Struktur besonders stark ausgeprägt ist. Wir sind gewöhnt an eine rational-technologische, entmystifizierte Welt und haben die Wurzeln zum magischen Wissen unserer Ahnen weitgehend abgeschnitten. In der Vereinigung mit dem Pilz geht es also auch darum, unsere Persönlichkeitsstruktur zu verändern, Barrieren unseres überstarken Egos abzubauen, um altes, ewiges Wissen zu erlangen. Dies kann für viele von uns zunächst mit großem Schrecken und Leid verbunden sein. Besonders während der ersten starken Erfahrungen mit Halluzinogenen macht man oft ein Stadium der ”Angstvollen Ich-Auflösung” durch, wenn das Ego beginnt, sich aufzulösen und dies nicht zugelassen und als ”Sterben” empfunden wird.

Generell ist die Wirkung extrem stark abhängig von der Umgebung, in der das Pilzritual stattfindet, sowie von der Vorbereitung und der Erwartungen der Teilnehmer.

Pilzrituale

Die Pilze werden gereicht und gegessen. Oft singen der Schamane oder die Curandera, Durch das ”inspirierte Sprechen”, die Eingebungen des Pilzes, werden Krankheitsursachen erkannt und Prophezeiungen gegeben.

Die heiligen Pilze sind, verglichen mit anderen Halluzinogenen, ein eher sanfter Schlüssel zu den Pforten der Wahrnehmung. Durch eine überlegte Ritualgestaltung sind die Risiken eines ”bad trip” weitgehend auszuschließen. Die Einnahme erfolgt auf leeren Magen mindestens einige Stunden vorher sollte gefastet werden.

Es bietet sich an, das Pilzritual an einem besonderen Platz in der Natur oder in einem schön hergerichteten, mit positiven Assoziationsvorgaben versehenen Ritual-Raum durchzuführen. Der Raum und die Teilnehmenden werden rituell gereinigt.

Es können auch Kreise stattfinden: Die Teilnehmer fassen sich an den Händen und lassen Heilungsenergie durch den Kreis fließen. Während solcher Sessions erleben die Beteiligten oft eine intensive Verbindung untereinander, eine Art telepathischen Kontakt, das gleichzeitige Durchströmt werden von einem Bewusstsein.

Warnung! Psilocybin wird nicht bei Menschen empfehlen, die an Schizophrenie oder anderen schweren psychischen Erkrankungen leiden. Diese gehören einer höheren Risikogruppe an. Die Einnahme von Psilocybin kann unter anderem zu HPPT, Psychose oder Veränderungen der Wahrnehmung von Farben und Formen führen , die im Extremfall mehrere Jahre andauern können.